Vielleicht wird die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 leicht wachsen, aber bisher deutet alles auf ein schlechtes Jahr hin. Dynamische Entwicklungen scheinen unerreichbar zu sein.
Ein Zug mit neuen Autos aus einer Fabrik in Deutschland
Bis zur Veröffentlichung der offiziellen Zahlen wird es noch dauern, bis die genauen Zahlen bekannt sind, aber es ist wahrscheinlich, dass die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr geschrumpft ist. Selten waren sich Ökonomen und Wirtschaftsverbände in ihren Einschätzungen so einig wie im Falle des Jahres 2023, das sie als Stagnationsjahr bezeichnen.
Auch die Indikatoren für den Beginn des Jahres 2024 sehen nicht ermutigend aus
So äußerte sich Moritz Kremer, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, kürzlich in einem Fernsehinterview zu den Quartalszahlen: "Ich will nicht darüber streiten, ob es ein Wachstum von 0,2% oder einen Rückgang von 0,2 % geben wird. Tatsache ist, dass wir uns in einem Zustand der Stagnation befinden."
Kremer verglich das derzeitige langsame Wachstum der deutschen Wirtschaft mit einer Welle von Wellblechplatten. "Wir befinden uns in einer Art 'Wellblechwirtschaft'. Sie hebt und senkt sich ein wenig, aber im Grunde liegen wir flach auf dem Boden."
Wie ist Deutschland in diesen Zustand geraten?
Die Gründe, warum Deutschland leidet, sind hinlänglich bekannt. Die Verbraucher halten die Preise aufgrund der Inflation niedrig. Darüber hinaus belastet die schleppende Weltwirtschaft die Exporteure, die früher die treibende Kraft der Wirtschaft waren.
Hinzu kommt, dass viele multinationale Unternehmen aufgrund der schwankenden Energiepreise ihre Investitionspläne auf Eis legen. Oder schlimmer noch, sie bauen neue Produktionsstätten im Ausland - in den Vereinigten Staaten oder China, weit weg von der Europäischen Union.
Schließlich kostet die ehrgeizige "grüne" Transformation der größten europäischen Volkswirtschaft unter der Leitung von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck eine ordentliche Summe.
Deutschlands Klima- und Industrieprojekte drohen zu scheitern, nachdem ein Gericht in einer wichtigen Entscheidung die Mittel aus dem Bundeshaushalt gestrichen hat.
Ein ausgeglichener Haushalt und ein großes Loch
Mitte November letzten Jahres, als es so aussah, als könne es nicht mehr schlimmer kommen, lehnte das Verfassungsgericht den Vorschlag der Regierung ab, 60 Milliarden Euro (65 Milliarden Dollar) aus COVID-19-Mitteln für Klimaschutz und wirtschaftliche Modernisierung umzuwidmen.
Die Pläne der Regierung hingen stark von der Verwendung dieser Mittel in den kommenden Jahren ab, und die Entscheidung des Gerichts hat enorme finanzielle Probleme verursacht.
Man hätte gedacht, dass das Parlament einfach neue Kredite bewilligen würde - diesmal nicht zur Bekämpfung der COVID, sondern zur Finanzierung der Energiewende und anderer Zwecke.
Die deutsche "Schuldenbremse" verhindert dies jedoch. Eine 2009 in das Grundgesetz aufgenommene Haushaltsregel verpflichtet die Regierung zu einem ausgeglichenen Haushalt und begrenzt die Neuverschuldung strikt. Eine zusätzliche Verschuldung in Höhe von 60 Milliarden Euro könnte nur genehmigt werden, wenn die Pandemie zum Notstand erklärt würde, was wiederum die Schuldenbremse vorübergehend außer Kraft setzen würde.
Weniger Ausgaben, weniger Wachstum
Das Urteil hat die Haushaltskalkulationen der Regierung über den Haufen geworfen und für große Verunsicherung bei Unternehmen und Verbrauchern gesorgt. Und es hat die Regierung gezwungen, nach Sparmöglichkeiten zu suchen.
Ende November einigte sich die Regierung nach intensiven Verhandlungen auf einen Nachtragshaushalt für 2023 und setzte die Schuldenbremse für dieses Jahr aus.
Der Haushalt 2024 wurde erheblich gekürzt. Einige befürchten, dass die geplanten Ausgabenkürzungen, der Abbau von Subventionen und höhere Energiepreise die Wirtschaft weiter bremsen und sogar die Inflation beschleunigen könnten.
Degradation: Eine Verlangsamung für die Umwelt?
Auch Habeks Projekte in den Bereichen Klima- und Industriepolitik sind aufgrund des Urteils gefährdet. Das Ministerium schätzt, dass dies das Wirtschaftswachstum um ein halbes Prozent verringern könnte.
Wie ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski anmerkt, hat das Gerichtsurteil zwei neue Risikofaktoren für die deutsche Wirtschaft offenbart: fiskalische Sparmaßnahmen und politische Unsicherheit.
"Die Lage in Deutschland ist im Moment sehr angespannt", betont Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Die Regierung muss schnell handeln. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnte die Regierung jedoch zu Sparmaßnahmen zwingen, was zu einer zusätzlichen Verlangsamung des Wachstums führen würde."
Betrachtung der Zahlen aus verschiedenen Blickwinkeln
Schon vor dem Gerichtsurteil ging die Europäische Kommission davon aus, dass Deutschland mit einem erwarteten Wachstum von 0,8% im nächsten Jahr der Wachstumsführer in der Eurozone sein würde.
Die aktuelle Wirtschaftsprognose der Bundesregierung geht noch immer von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,3% im Jahr 2024 aus.
Fast alle renommierten Wirtschaftsforscher erwarten jedoch für 2024 ein deutsches BIP-Wachstum von weniger als 1%.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) prognostiziert einen Anstieg von 0,6%. Im Vergleich dazu wird das durchschnittliche Wachstum aller 38 OECD-Mitgliedsländer auf 1,4% geschätzt.
Die Krise geht scheinbar in alle Richtungen
"Die Energiekrise hat Deutschland härter getroffen als andere Länder, weil die Industrie hierzulande eine größere Rolle spielt und die Abhängigkeit von russischem Gas viel höher war als in anderen Ländern", fasst OECD-Ökonomin Isabell Koske die Gründe für die Wirtschaftsschwäche zusammen.
Die hohe Inflation hat die Kaufkraft der Haushalte verringert und damit den Konsum beeinträchtigt. "Auch die Krise des Staatshaushalts bereitet den Unternehmen und Verbrauchern Sorgen", fügte sie hinzu.
"Es ist entscheidend, die Haushaltskrise so schnell wie möglich zu lösen, um den Unternehmen und Haushalten Sicherheit und Vertrauen in die Zukunft zu geben", betonte Koske. "Die Lösung muss Ausgabenkürzungen, Einnahmeerhöhungen und eine Reform der Steuerpolitik umfassen."
Am Ende kein Wachstum?
Einen noch pessimistischeren Ausblick geben die Experten der Deutschen Bank. Laut Stefan Schneider von DB Research könnte die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 schrumpfen.
Auf einem Bundesbank-Empfang in Berlin Mitte Oktober skizzierte Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, die wichtigsten Stressfaktoren für die deutsche Wirtschaft. Er wies darauf hin, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten drei wichtige Wetten eingegangen ist, die jetzt zu einer Quelle von Problemen für das Land werden.
"Die erste Wette ist russisches Gas als billige Energiequelle für die Industrie. Die zweite ist das chinesische Wirtschaftswunder als treibende Kraft für deutsche Exporte. Und schließlich die Wette auf die Pax Americana, auf die Auslagerung der nationalen Sicherheit nach Amerika", erklärte er. "In allen drei Punkten ist das Land am Ende seines Weges."
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